Der schwere Sturz mit Wirbelfraktur war für den 76-jährigen Patienten ein Glücksfall: Denn bei der Diagnose wurde ein großes Aneurysma an der Hauptschlagader im Bauch festgestellt. Wäre es geplatzt, hätte der Mann das wahrscheinlich nicht überlebt.
Ein komplexer Eingriff in der Klinik für Gefäßchirurgie des Klinikums Dortmund rettete den 76-Jährigen. Klinikdirektor Dr. Markus Winkler versorgt das Aneurysma im Bauch und ein zweites an der Beckenschlagader mit insgesamt vier Stentprothesen. Für den Eingriff nutzt er einen der beiden Hybrid-OPs im Klinikzentrum Nord. Diese großen Operationssäle sind mit modernster Diagnose- und Therapietechnik ausgestattet. Der OP-Tisch ist mit einer Angiografie-Anlage kombiniert, deren Bildgebung die Blutgefäße bis in feinste Strukturen live auf einem großen Bildschirm darstellt. Dieses moderne Verfahren reduziert die Strahlenbelastung für die Patientinnen und Patienten erheblich.
Moderne Technik im Hybrid-OP: Präzision durch innovative Verfahren
Das Aortenaneurysma des Patienten ist als dunkler Bereich auf dem Bildschirm deutlich zu erkennen. Mehr als acht Zentimeter misst die krankhafte Ausweitung, die zu einer viel zu hohen Spannung in der extrem gedehnten Gefäßwand führt; normal ist eine Breite von bis zu zwei Zentimetern. Über zwei kleine Schnitte in der Leiste versorgt Dr. Winkler die Stelle mit einer Stentprothese. Das erfordert neben ausreichend Erfahrung viel Geschick und Geduld.
Ein membranbeschichtetes Metallgeflecht stützt das Gefäß fortan von innen und verhindert die gefährliche Aussackung vor dem Platzen. In der Regel werden diese hochwertigen Prothesen individuell für jeden Patienten angefertigt, damit Größe und Seitenarme für abzweigende Gefäße exakt passen. Nur für Not-Eingriffe zum Beispiel bei einer Aortendissektion oder für unkomplizierte Aneurysmen stehen Standard-Prothesen zur Verfügung.
Häufige Eingriffe und spezialisierte Expertise im Klinikzentrum Nord
Etwa 40 bis 60 Mal pro Jahr werden in den Hightech-Operationssälen im Klinikzentrum Nord lebensbedrohliche Gefäßerweiterungen behandelt, hinzu kommen rund ein Dutzend weiterer, noch komplexere Operationen. In einigen Fällen werden dabei auch offene Eingriffe mit minimalinvasiven endovaskulären Verfahren, den sogenannten Kathetereingriffen, kombiniert. „Wir verfügen über die technischen Möglichkeiten und die Experten, um alle Aorten-Pathologien zu behandeln, da wir weit mehr als zehn Jahre Erfahrung haben“, sagt Dr. Markus Winkler. Das hochspezialisierte Team aus Ärztinnen und Ärzten, OP-Kräften und Anästhesisten sei perfekt eingespielt.
Im Hybrid-OP steuert der Operateur das Röntgensystem, das die Bilder in Echtzeit überträgt. Per Knopfdruck kann er die gewünschte Position fixieren und per Navigationssystem so äußerst präzise arbeiten. Auch die korrekte Platzierung des Stentgrafts kann direkt kontrolliert werden. Per Pedal kann Kontrastmittel injiziert werden, so dass jede Undichtigkeit sofort auf dem Bildschirm sichtbar würde. Das Live-Bild in diesem Fall zeigt: Das Blut strömt wie gewünscht durch den neuen künstlichen Kanal. Die Gefahr einer Ruptur ist gebannt.
Schon wenige Tage nach dem Eingriff konnte der Patient in die Reha entlassen werden. Äußerlich zeugen lediglich zwei kleine Narben in den Leisten von der lebensrettenden Operation.